Einige Stichpunkte zu aktuellen Trends und Herausforderungen der Marktforschung speziell im Kontext der Online-Befragungen:
- Befragungen werden zunehmend auf mobilen Endgeräten durchgeführt;
Zahl der Befragten, die per Smartphone oder Tablet auf CAWI-Seiten (Computer Assisted Web Interviewing) zugreifen, hat sich von 2011 auf 2012 vervierfacht;
aktueller Anteil mobiler Endgeräte an den Befragungen
von Lightspeed Research: 5% - technische Herausforderungen: Konsistenz des Designs und der grafischen Elemente nicht nur zwischen verschiedenen Browsern, sondern auch zwischen sehr unterschiedlichen Bildschirmauflösungen und grafischen Möglichkeiten der jeweiligen Displays; Einsatz multimedialer Elemente (z. B. Videos)
- Gegenüber traditionellen Befragungen (face-to-face, Telefoninterview) ist mit kürzerer Aufmerksamkeitsspanne sowie zunehmendem Multitasking zu rechnen
- Eine zentrale Konsequenz dürfte sein: Interviews müssen verkürzt werden, um unter diesen Bedingungen Datenqualität und Validität zu gewährleisten
- Mögliche Umsetzungen:
a) Modularisierung auf Befragtenebene:
blockweise Beantwortung, ggf. spätere Fortsetzung; für die Datenanalyse unproblematisch; Tendenz zum „Durchklicken“ und Qualitätsprobleme bleiben evtl. erhalten - b) Modularisierung über Befragte hinweg:
ein Befragter beantwortet nur einen Block bzw. ausgewählte Blöcke, aber nicht mehr den vollständigen, langen Fragebogen - Ansatz (b) ist gut für Datenqualität und Handhabbarkeit der Befragungen, bringt aber enorme methodische Herausforderungen mit sich:
Korrelative und multivariate Zusammenhänge zwischen verschiedenen Blöcken sind zunächst gar nicht analysierbar. Denn sie setzen voraus, dass die Antworten jeweils von den gleichen Befragten gegeben wurden. Versucht man sich nach einfachem Zusammenfügen des Gesamtdatensatzes beispielsweise mit SPSS Statistics oder Stata an solchen Analysen, dann bleiben keine gültigen Fälle übrig. - Big-Data-Techniken bzw. Data-Mining-Algorithmen können hier Abhilfe schaffen:
Die einzelnen Module können zu einem konsistenten Datenset fusioniert werden. Dies ist nur über Modellschätzungen möglich, mit anderen Worten: es handelt sich um probabilistisches (auf Wahrscheinlichkeiten beruhendes) Zusammenspielen von Informationen.
Dabei werden bestimmte Variablen, sog. Linkvariablen, bei allen Befragten erhoben. Anhand dieser Variablen werden die Antworten in anderen Frageblöcken vorhergesagt bzw. geschätzt. Größere Genauigkeit ist erreichbar, wenn zumindest ein Teil der Befragten den gesamten Fragebogen beantwortet hat.Beispiele für Techniken, auf denen solche Modelle beruhen:
Neuronale Netze, Entscheidungsbäume, lineare Modelle;
Spezialsoftware wie der SPSS Modeler bietet auch sog. Ensembles, d. h. Aggregationen aus mehreren dieser Verfahren - Wurde auf diese Weise ein Gesamtdatensatz erzeugt, dann können herkömmliche Analysemethoden wie Korrelationen oder multivariate Modelle auf alle Antworten der Befragten zugreifen.
- Fazit: Die Herausforderung besteht eher in der Integration der Daten als in der schieren Größe. Daher wird für den Begriff Data Integration plädiert, der die Aufgabe präziser umreißt als der inflationär verwendete Begriff Big Data.
Das gilt auch im weiteren Sinne für die Analyse großer Datenmengen: die Schwierigkeit besteht meist nicht in der Datenmenge (dafür gibt es technische Lösungen), sondern eher in der Integration unterschiedlich gearteter Daten (z. B. diverse Kennzahlen und Textbeiträge auf Social Media-Plattformen etc.).
Ergänzung: Smartphones überholten PCs 2011 bei den weltweiten Verkaufszahlen
- weltweite PC-Verkäufe im IV. Quartal 2011: 120,2 Millionen
- weltweite Smartphone-Verkäufe im IV. Quartal 2011: 158,5 Millionen
- weltweite PC-Verkäufe 2011 insgesamt: 414,6 Millionen
- weltweite Smartphone-Verkäufe 2011 insgesamt: 487,7 Millionen
Quelle:
White Paper der DGOF (Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung e. V.) 03/2012
Mobile Befragungen: Was Big Data mit kleinen Geräten zu tun hat [URL nicht mehr erreichbar]
Autor: Dr. Markus Eberl, TNS Infratest; veröffentlicht auf marktforschung.de
Ein Gedanke zu „Moderne (Online-) Marktforschung: Von „Big Data“ zu „Data Integration““