Fachchinesisch: einseitig

Streudiagramm

Der Begriff einseitig ist in der Alltagssprache wohl bekannt; ein Satz wie dieser dürfte für Deutschsprachige leicht verständlich sein:

Optimisten sind ebenso einseitig wie Pessimisten – aber sie sind glücklicher. (Dank an spruchfun.de)

Der Statistiker denkt eher an einseitige und zweiseitige Signifikanztests. Mit einseitigen Tests werden gerichtete Hypothesen geprüft, mit zweiseitigen ungerichtete Hypothesen.

Beispiel für eine ungerichtete Hypothese:
Die beiden Unterrichtsmethoden A und B unterscheiden sich.

Beispiel für eine gerichtete Hypothese:
Unterrichtsmethode B ist besser als Unterrichtsmethode A.

Wenn wir die Methoden evaluieren, indem wir den Schülern Tests vorlegen und Punktzahlen errechnen, können wir die Hypothesen mit t-Tests überprüfen. Die gerichtete Hypothese ist präziser (man spricht auch von höherem Informationsgehalt) und wird daher mit einer geringeren Irrtumswahrscheinlichkeit „belohnt“. Mit anderen Worten: es kann vorkommen, dass ein einseitiger Test signifikant wird, ein zweiseitiger jedoch nicht. In diesen Fällen lohnt es sich besonders, Hypothesen vorab so präzise wie möglich zu formulieren. Andererseits wäre die gerichtete Hypothese selbstverständlich widerlegt, wenn sich Methode A als signifikant besser erweist als Methode B. Geht es nur um einen Unterschied, egal in welcher Richtung, so ist die Hypothese ungerichtet zu formulieren.

Interessanter Weise bietet SPSS beim t-Test keine Option, einseitig zu testen – es wird nur das Ergebnis des zweiseitigen Tests ausgegeben. Um den einseitigen Test zu erhalten, teilt man die Signifikanzangabe durch 2. Wird beispielsweise p=0,06 angegeben, so entspricht dies bei einer ungerichteten Hypothese auf 5%-Niveau einem nicht signifikanten Ergebnis. Eine gerichtete Hypothese wäre dagegen signifikant: p=0,06 : 2 –> p=0,03 und damit p<0,05. Bei Korrelationen kann man zwischen ein- und zweiseitigem Signifikanztest wählen.

Stata gibt beim t-Test sowohl das Ergebnis des einseitigen wie auch des zweiseitigen Tests an. Wenig geübte Anwender mögen dadurch verwirrt sein – wer die Überlegungen dahinter kennt, schätzt eher die Ausführlichkeit.

Dank an Jürgen Bortz, Statistik für Human- und Sozialwissenschaftler (Lehrbuch mit Online-Materialien) (Hinweis: bezahlter Link).

Für eine ausführlichere Diskussion über die Auswahl der geeigneten statistischen Methode siehe den Beitrag Methodenberatung: Welcher statistische Test passt zu meiner Fragestellung und meinen Daten?

6 Gedanken zu „Fachchinesisch: einseitig“

  1. Hallo Herr Riepl, vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag. Ich sitze gerade an meiner Abschlussarbeit und muss / darf mit Stata arbeiten. Könnten Sie mir eine Auskunft darüber geben, ob die Ergebnisse der Korrelationsanalyse einseitig oder zweiseitig ausgespuckt werden und wie man dies einstellen kann? Vielen Dank und liebe Grüße,
    Lisa

    1. Hallo Lisa,
      ich arbeite seit Jahren nicht mehr mit Stata, tut mir leid … Wenn nichts weiter angegeben ist, vermute ich zweiseitige Ergebnisse. Ohne Gewähr.

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