Mehrfachantworten richtig interpretieren

SPSS-Beispiel für Mehrfachantworten

Abteilungsleiter Marktforschung (nimmt sich extra Zeit, setzt einen geduldigen Blick auf): Bei dieser Frage gibt es Mehrfachantworten. Ich habe bisher noch niemanden erlebt, der das beim ersten Mal richtig gemacht hat.

Praktikant (hoch motiviert): Ich glaube, ich habe das Prinzip verstanden!

Abteilungsleiter: Na, dann legen Sie mal los. Formulieren Sie einen Satz mit den Prozentangaben in der Tabelle.

Neu: Mehrfachantworten im Youtube-Video erklärt

Praktikant: tut das.

Abteilungsleiter: Sehen Sie – das habe ich mir gedacht. Fängt an zu erklären …

Live erlebt – Rollenverteilung wird nicht verraten … 😉

Hier ein Beispiel:
Welche der folgenden Zeitungsarten lesen Sie regelmäßig? Bitte alle Zutreffenden ankreuzen.

Mehrfachantworten: Zeitungen

Sieht ganz einfach aus? Hand aufs Herz: Wer hätte gesagt, dass 41,2% der Befragten Tageszeitung lesen? Die mittlere Prozentspalte sieht vertraut aus: die Angaben addieren sich auf 100%. Die rechte Spalte mag dagegen manchen irritieren – was sollen 170% aussagen?

Mehrfachantworten interpretieren

Meine Lieblingsantwort, wenn ich nach Mehrfachantworten gefragt werde: keine Regel anwenden, sondern lieber genau und jedes Mal neu überlegen, welche Frage beantwortet werden soll.

Wie viel Prozent der Befragten lesen Tageszeitung? Die obere Tabelle zeigt: es wurden 10 Personen befragt. Davon lesen 7 Tageszeitung, also 70%. Da einige davon auch noch eine Wochenzeitung und/oder ein Fachmagazin lesen, addieren sich die Prozente auf über 100, was mit dem Hinweis auf Mehrfachantworten gerechtfertigt werden kann. Die 170% zeigen außerdem, wie sehr von der Möglichkeit, Mehrfachantworten zu geben, Gebrauch gemacht wurde: durchschnittlich wurden 1,7 Zeitungsarten genannt (170% / 100% = 1,7 bzw. 17 Antworten von 10 Befragten = durchschnittlich 1,7 Antworten je Befragter). In der Praxis werden häufig die Prozentangaben auf die Befragten bezogen (percent of cases).

Prozent der Antworten

Bei anderen Fragestellungen kann durchaus auch die mittlere Spalte (percent of responses) relevant sein. Zum Beispiel: Welchen Anteil der regelmäßig gelesenen Zeitungsarten machen die Tageszeitungen aus? Es wurden 17 Antworten gegeben, davon entfallen 7 auf Tageszeitungen, also 41,2%.

Bei manchen Studien werden auch beide Angaben verwendet und interpretiert, zum Beispiel wenn Marktanteile (market shares) und Marktdurchdringung (market penetration) gegenüber gestellt werden. In unserem Beispiel beträgt der Marktanteil der Tageszeitungen 41,2%, die Marktdurchdringung dagegen 70% (mit anderen Worten: Tageszeitungen erreichen 70% der Befragten).

Einfach, oder?

P. S. Bei Mehrfachantworten spricht man neudeutsch auch von multiple responses oder multiple response sets. Sie können mit 0/1 codiert sein (z. B. Tageszeitung nein/ja), d. h. Dichotomien; im Datensatz hat man eine Variable pro Kategorie. Oder eine bestimmte Anzahl von Variablen wie zeitung1, zeitung2, zeitung3 ist mit Kategorien codiert, z. B. 1=Tageszeitung, 2=Wochenzeitung, 3=Fachmagazin.

SPSS-Syntaxbeispiel:

MULT RESPONSE
  GROUPS=$zeitungen ‚zeitungen‘ (zeitung1 zeitung2 zeitung3 (1,3))
  /FREQUENCIES=$zeitungen  .

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