Frauen verdienen weniger als Männer: Statistische Erklärungen, Gerechtigkeit

200-Euro-Schein

Ein altes Thema: „Wie groß sind die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern, und worauf sind sie zurückzuführen?“ wurde kürzlich von Spiegel Online aufgegriffen. Einige Kernaussagen:

200-Euro-ScheinLaut Statistischem Bundesamt beträgt die „Lohnlücke“, die hier als Differenz der Stundenlöhne definiert ist, zwischen Frauen und Männern in Deutschland 21,6%.

Im europäischen Vergleich ist das Gefälle in Deutschland überdurchschnittlich hoch

  • EU-Durchschnitt: 16%
  • Nur vier Länder weisen eine höhere prozentuale Differenz auf als Deutschland:
    Estland (knapp 30%), Österreich (23%), Tschechien (22,1%) und Griechenland (22,0%)
  • Die fünf Länder mit den geringsten Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern in der EU:
    Slowenien (3,2%), Malta (5,1%), Polen (6,4%), Italien (7,3%) und Kroatien (7,4%)

Erklärungen des Geschlechtsunterschieds beim Einkommen in Deutschland: Drittvariablenkontrolle

Mit statistischen Verfahren, z. B. der sog. Drittvariablenkontrolle bei Regressionsanalysen, kann versucht werden, Effekte wie den hier betrachteten Geschlechtsunterschied zu „erklären“, das heißt auf bestimmte Merkmale zurückzuführen. Dabei kam das Statistische Bundesamt zu folgenden Ergebnissen:

  • Stundensatz der Männer: 18,81 €
  • Stundensatz der Frauen: 14,62 €

Die Differenz von 4,19 € Stundensatz wird geringer, wenn folgende Kriterien kontrolliert, d. h. statistisch „herausgerechnet“ werden. Genannt wird jeweils der Stundensatz der Frauen, der sich dann ergibt, sowie die verbleibende Differenz.

  • Frauen arbeiten statistisch in schlechter bezahlten Positionen; Stundenlohn und Differenz zu Männern bei gleicher Stellung im Beruf: 15,73 € (-3,08 €)
  • Frauen arbeiten in schlechter bezahlten Berufen und Branchen; bei gleichem Beruf und gleicher Branche: 15,57 € (-3,24 €)
  • Frauen arbeiten mit geringeren Stundenzahlen; bei gleicher Stundenzahl: 15,01 € (-3,80 €)
  • Frauen liegen bei Bildung und Berufserfahrung zurück; bei gleicher Bildung und Berufserfahrung: 14,72 € (-4,09 €)
  • Werden alle diese Merkmale gemeinsam berücksichtigt: 17,17 € (-1,64 €)

Selbst unter Berücksichtigung „Sonstiger Faktoren“ bleibt noch eine „unerklärte“ Differenz von 1,28 € pro Stunde. Das Statistische Bundesamt spricht von einer nicht erklärten Differenz von sieben Prozent. Diese Differenz kann man als „Lohndiskriminierung“ bezeichnen: Ohne einen der oben genannten Gründe werden Frauen schlechter bezahlt, schlicht weil sie Frauen sind.

Die Interpretation dieser Ergebnisse ist umstritten. Die einen sagen, nur die nach den Drittvariablenkontrollen verbleibenden sieben Prozent Unterschied seien problematisch. Andere bestreiten das und argumentieren, Lohnunterschiede erklären zu können bedeute noch lange nicht, dass sie auch gerecht seien.

Wie sehen Sie das, werte Leser?

2 Gedanken zu „Frauen verdienen weniger als Männer: Statistische Erklärungen, Gerechtigkeit“

  1. Ich vermute, dass die Kategorie „Frau“ gesellschaftlich auch dadurch definiert wird, dass deren Angehörige weniger wert sind und weniger verdienen, als Angehörige der Kategorie „Mann“. Das ist nicht schön, ändert sich ja aber langsam.

    1. Ja, sehe ich auch so. Erinnert an den Klassiker, Frau bei der Rentenversicherung, schildert ihren Lebenslauf: Kinder großgezogen, dann den kranken Vater gepflegt, dann die Schwiegereltern, und schließlich den kranken Ehemann. Rückfrage des Beamten: „Und gearbeitet haben Sie nicht?“

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