Strahlung in Fukushima höher als gedacht – aber wie hoch?

Fukushima: die zerstörten Reaktoren 3 und 4

Heutige Schlagzeile der Financial Times Deutschland (inzwischen eingestellt): Strahlung in Fukushima: Radioaktive Belastung weit höher als gedacht. Im Artikel steht dann, die freigesetzte Radioaktivität entspreche einem Sechstel der Menge, die bei dem Unfall in Tschernobyl 1986 in die Umwelt abgegeben wurde. Weiter heißt es, die Krebsquote in Japan werde kaum steigen, bisher „habe die radioaktive Belastung weder Todesfälle noch Krankheiten verursacht“. Da Strahlungsmessgeräte in der unmittelbaren Umgebung ausgefallen seien, beruhe die Schätzung auf Angaben der japanischen Regierung und auf Messergebnissen in größerer Entfernung.

Fukushima: die zerstörten Reaktoren 3 und 4
Die zerstörten Reaktoren 3 und 4 der Atomanlage Fukushima Daiichi

Wie glaubwürdig sind diese Zahlen? Wäre das Thema nicht so ernst, könnte man den Artikel für schlecht gemachte Satire halten:

  • Nach wie vor wird auf dem Gelände gearbeitet, es gibt einen langfristigen Zeitplan. Ist es plausibel anzunehmen, dass keine funktionierenden Strahlungsmessgeräte vor Ort sind?
  • In Tschernobyl gab es eine Kernschmelze, anschließend wurde das zerstörte Reaktorgebäude in einen „Sarkophag“ eingeschlossen.
    In Fukushima Daiichi wurden drei Kernschmelzen bestätigt. Andere Quellen sprechen von insgesamt 14 beschädigten Reaktoren an den Standorten Daiichi (alle 6!), Daini, Onagawa und Tokai. (In deutschen Medien habe ich davon nicht gelesen. Bin dankbar für Hinweise.)
    Die Freisetzung von Radioaktivität in Fukushima ist keineswegs gestoppt. Wissenschaftler sprechen von Millionen bis Billionen Becquerel, die weiterhin täglich in die Luft abgegeben werden.
    Die Abklingbecken enthalten enorme Mengen radioaktiven Materials, das heiß genug ist, um weiterhin gekühlt werden zu müssen. Schäden an Brennstäben und Lecks am Abklingbecken wurden bestätigt.
  • Wie plausibel ist die Annahme, dass steigende Radioaktivität keine gesundheitlichen Auswirkungen hat?
  • Die Zahl „ein Sechstel“ erinnert an den bei Walter Krämer beschriebenen Trick, mit exakten Angaben eine Genauigkeit zu suggerieren, die gar nicht erreichbar ist. Sein Kapitel heißt „Die Illusion der Präzision“. Hier gibt es das Buch So lügt man mit Statistik (Hinweis: bezahlter Link).

Hier stehen weitere Artikel zu Fukushima.

Quellen (leider nur englisch und japanisch) – enenews ist leider offenbar offline (Stand 2019):

Insgesamt 14 beschädigte Reaktoren:
Enenews: Fukushima Report … „Other reactors are all in considerably severe condition“ – 14 total …
Enenews: Japan Nuke Agency: 14 reactors at 4 sites were affected on 3/11 …

Freisetzung von Radioaktivität geht weiter:
Enenews: Trillions of becquerels per day still being emitted from Fukushima Daiichi – Radioactive stream continues

Zu den Abklingbecken, insbesondere an Reaktor 4:
Enenews: Tepco bestätigt Schäden an Brennstäben im Abklingbecken 4
Enenews: Lecks im Abklingbecken

Kindersterblichkeit in Fukushima 2011 im Vergleich zu 2010:
Fukushima Voice: Report regarding the number of deaths due to illnesses in „Fukushima Children“ …
Enenews zur Kindersterblichkeit

Vergleich Tschernobyl mit Fukushima:
Enenews: Cäsium-137, Fukushima entspricht vier Tschernobyls
Russia Today: Cesium-137: Fukushima amounts to four Chernobyls
Enenews: Wissenschaftler hält Fukushima für schlimmer als Tschernobyl

Sollte Enenews nicht erreichbar sein, dann klappt es vielleicht bei den Börsenstars von Facebook.

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